Samstag, 13. Oktober 2007

6 Panorama und Kinematograph



Wenn ein Mensch um das Jahr 1900 ins Kino ging, dann tat er das in der Regel auf dem Jahrmarkt. Stationäre Filmtheater setzten sich zunächst nur sehr langsam durch.
Neben den Varietébesitzern erkannten die Schausteller als erste die Möglichkeiten des neuen Mediums, das für einige Jahre vor allem eine weit verbreitete Jahrmarktsattraktion war. Die „Kinematographen“, „Bioscope“ oder „Elektrischen Theater“ präsentierten ihre „lebenden Bilder“ hinter prachtvollen Fassaden mit integrierten Jahrmarktsorgeln. Die Modernität der Geschäfte sowie den Wohlstand ihrer Besitzer dokumentierten die ebenfalls im Frontbereich ausgestellten Dampfmaschinen, die einerseits die Geschäfte mit Elektrizität versorgten und andererseits als moderne technische Errungenschaft einen viel bestaunten Blickfang für die Kirmesbesucher darstellten.
Gezeigt wurden ca. halbstündige Programme mit mehreren kurzen Filmen. Neben bewegten Bildern von bedeutsamen Ereignissen waren dies vor allem kleine Spielszenen in einer bunten Mischung aus Verbrechen, Drama, Komik und Erotik. Insbesondere die „grauenhaften“ und „pikanten“ Inhalte ließen bereits in den Anfangsjahren des Mediums Kritik aufkommen, die vor allem auf vermeintlich „schädliche Einflüsse der Kinematographentheater für die Jugend“ abzielte.

Sehr weite Verbreitung fand schon vor dem Aufkommen der Kinematographen das Panorama.
Mit den stationären Rundgemälden hatten diese Schaubuden nur den Namen gemeinsam. Im Jahrmarktspanorama konnten durch Linsen Gemälde und später (stereoskopische) Fotografien betrachtet werden, wobei häufig mit einfachen Mitteln Beleuchtungswechsel und plastische Wirkungen erzielt wurden.
Obwohl gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch hier vermehrt „pikante Szenerien“ zu sehen waren, blieben Ansichten ferner Länder, Menschen und Städte sowie weltgeschichtliche Ereignisse doch die zentralen Gegenstände der Betrachtung. Das Panorama erlaubte im wahrsten Sinne des Wortes „Einblicke“ in die große weite Welt.
...
(c) Stefan Nagel 2007

Keine Kommentare: